Nicola Spirig: Alles ist möglich!

Nicola Spirig verzeichnete als Triathletin ihre bisher grössten Erfolge mit dem Olympiasieg 2012 in London, der Silbermedaille an den Olympischen Spielen 2016 in Rio, sechs Europameistertiteln sowie je einem Welt- und Europameistertitel bei den Juniorinnen. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter und zwei Söhne. Neben dem Aufbau der sportlichen Karriere studierte sie Jura und schloss mit einem Lizentiat ab. Nicola engagiert sich beim 2014 gegründeten «Kids Cup» und ihrer eigenen Stiftung mit dem Ziel, möglichst vielen Kindern den Zugang zum Sport zu ermöglichen. Zurzeit bereitet sie sich auf Olympia 2021 vor. Im folgenden Interview gibt Sie uns eindrückliche Schilderungen, was trotz manchmal schwierigen Konstellationen alles möglich ist.

 

War es schon von klein auf dein Ziel, Spitzensportlerin zu werden? 

Lange Zeit hatte ich nie das Ziel Spitzensportlerin zu werden oder gar an Olympia teilzunehmen. Ich habe es mir einfach nicht zugetraut und dachte: „Das schaffe ich sowieso nie“. Ich habe mir dann aber immer kleine Zwischenziele gesetzt. Und schliesslich hilft es, wenn man seine Ziele auch klar formuliert und auch nach aussen kommuniziert. Das gibt einen enormen Motivationsschub.

 

War für dich von Anfang an klar, dass du trotz Sport nicht auf Studium und Familie verzichten würdest?  

Mir war immer bewusst, dass der Sport irgendwann vorbei ist. Darum war mir sehr wichtig, mein Studium abzuschliessen. Zudem hat die Ausbildung mir sehr viel gebracht für meine sportliche Laufbahn – besonders in harten Zeiten, bei Verletzungen beispielsweise. So hatte ich mit dem Studium eine zusätzliche Aufgabe und stand nicht vor dem Nichts. Andererseits lernt man im Sport, mit Druck umzugehen, effizient zu planen und zielstrebig den Weg zu verfolgen. Das war wiederum für mein Studium sehr hilfreich.

Meine dritte Säule neben Ausbildung und Sport, ist meine Familie. Klar, es braucht natürlich viel Organisation, um dies alles unter einen Hut zu bringen. Ohne Unterstützung und Hilfe wäre dies nicht möglich. Ich nehme meine vielen Aufgaben aber als Bereicherung – nicht als Belastung wahr und darf sehr viel Positives erleben.

 

Was gibt dir den Freiraum, um dich voll auf den Sport konzentrieren zu können?

Extrem wichtig ist mein Mann – er schaut nach den Kindern. Wir haben komplett die Rollen getauscht. Das funktioniert sehr gut, braucht allerdings auch viel Abstimmung, damit es für alle passt. Wir haben uns auf diese spezielle Situation eingerichtet und schätzen es sehr, dass wir gemeinsam diese Möglichkeit haben. Auch von Anderen erhalte ich viel Hilfe und Support! Man muss mit seinem Umfeld reden, die Dinge ansprechen, dann kriegt man auch die nötige Unterstützung.

 

Im Sommer 2020 ist für dich der Traum von Olympia geplatzt! Wie konntest du dich trotzdem für Olympia 2021 motivieren, obwohl auch diese Austragung ungewiss ist?

Besonders der Frühling 2020 war schwierig. Die ganze Welt stand Kopf. Es war aber noch nicht klar, dass Olympia abgesagt wird. Man kann einen 4-Jahres-Trainingsplan nicht einfach so abbrechen, also musste ich normal weitertrainieren. Das haben Viele nicht verstanden. Als dann die Entscheidung für eine Verschiebung auf 2021 fiel, konnte ich wieder planen und mich neu motivieren.

   

Wie wurdest du mit Rückschlägen fertig?

Ich lernte durch Studium und Sport, dass ich aus dem was ich selber beeinflussen kann das Beste mache. Und mich nicht stressen lasse von Dingen, die ich nicht ändern kann. Man sollte auch keine Angst vor dem Scheitern haben. Scheitern heisst nämlich nicht, dass man ein Versager ist, sondern dass etwas nicht funktioniert hat. Und genau dort muss man dann ansetzen. Ausserdem sollte man nicht Dingen nachtrauern, die nicht so gut gelaufen sind, wie man es sich vorgestellt hat.

 

Ich habe mir immer hohe Ziele gesetzt. Auch wenn ich sie schliesslich nicht erreicht habe, konnte ich auf dem Weg dorthin so viel lernen, dass es sich trotzdem immer gelohnt hat.

  

Was für Tipps würdest du Menschen mit auf den Weg geben, die gerade Ängste verspüren, nicht wissen wohin es geht, die Motivation verloren haben, das Ziel nicht mehr vor den Augen sehen?

Sich auf das zu konzentrieren, was gerade möglich ist. Sich nicht auf das zu fokussieren, was gerade unmöglich ist. Das hat mir immer sehr geholfen. So ergeben sich nämlich auch neue Chancen. Versucht eure Träume zu verwirklichen. Macht das, was euch Spass macht, auch wenn das Umfeld vielleicht anfangs dagegen ist. Wichtig ist, zielorientiert zu bleiben, und auch mal einen Umweg in Kauf zu nehmen.

 

Viele Menschen setzen sich das Ziel, etwas anzupacken, verlieren dann aber oft den Mut. Was hast du für Tipps, die persönlichen Ziele trotzdem zu verfolgen?

Ziele setzen! Auch solche, bei denen man noch gar nicht sicher ist, ob sie funktionieren. Für mich hat es sich immer gelohnt, auch wenn ich das gesteckte Ziel nicht erreicht habe. Ich habe auf dem Weg so viel Erfahrungen sammeln können und so viel erlebt.

Und wenn man motiviert ist, etwas Neues zu beginnen, würde ich einfach loslegen. Nur wer auch den Mut hat etwas zu beginnen, kann erfahren, ob es auch funktioniert.

Viele haben einfach Angst zu versagen, sich selbst und Andere zu enttäuschen. Das ist sicher ein tief verwurzeltes Denken. Lieber etwas nicht machen, als etwas anzupacken und dann zu scheitern! Von dem muss man wegkommen! Denn wenn man es gar nicht erst versucht, ist man eh schon gescheitert. Man lernt immer wieder aus Sachen, die nicht funktionieren und hat so die Möglichkeit, es das nächste Mal besser zu machen.

Ich selber habe Jahre gebraucht, um das Ziel «Olympiasiegerin zu werden» auch wirklich zu verinnerlichen und auch gegen aussen zu kommunizieren.

 

Was hat es dann ausgelöst, als du dieses persönliche Ziel gegen aussen auch kommunizieren konntest?

Sehr viel! Das war essentiell für den Olympiasieg! Meinem Trainer habe ich erst einen Tag vor dem Wettkampf gesagt: «Ich möchte gewinnen!»

Und erst dann hat er daran geglaubt, dass ich das schaffen kann…..

 

  

Wir danken Nicola Spirig herzlich für dieses Interview.

 

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Von Matthias Steiger (Interview) und Beatrice Flück (Redaktion) für die HFSZ